Montag, 2. September 2013

Top of Germany: Besteigung der Zugspitze

Donnerstag 4:30 Uhr:
der Wecker klingelt, wir wollen zeitig wegkommen, zeitig ankommen. Es geht für einen Kurztrip ab in die Berge. 6:00 Uhr schaffen wir den Start, der frühe Vogel und so weiter.

Was ist der Plan?
Wir möchten die Zugspitze besteigen. Am Freitag soll es vor Tagesanbruch losgehen. Geplant ist der Aufstieg durch das Höllental, Übernachtung auf der Zugspitze und Abstieg über den Jubiläumsgrat.

Gegen Mittag kommen wir am Ausgangspunkt, in Garmisch Partenkirchen oder genauer in Grainau an. Wir verschaffen uns einen Überblick, bestaunen die Zahnradbahn, die fast bis zur Zugspitze hinauf durch einen Tunnel fährt, die Massen an Menschen, die mit der Zugspitzbahn bei herrlichstem Wetter auf den höchsten Punkt Deutschlands wollen und den Routeneinstieg, wo es morgen früh vor Tagesanbruch los gehen soll.

Doch erstmal ist noch ausruhen angesagt. Wir suchen uns ein ruhiges Plätzen an einem rauschenden Gebirgsbach, gehen baden und genießen die Sonnenstrahlen. Dieser Ort wird dann bei Einbruch der Dunkelheit auch unsere Ruhestätte für die kurze Nacht. Wir rollen die Isomatten aus, kuscheln uns in unsere herrlich warmen Schlafsäcke und hoffen auf ein paar geruhsame Stunden.
Doch es ist (leider) eine sternenklare Nacht und der Vollmond wacht über mich und strahlt mich aus voller Kraft wie ein Scheinwerfer an.

Freitag 3:00 Uhr:
Der Wecker klingelt...ich bin schon vorher mehrmals wach, da mich die Angst quält verschlafen zu haben. Die innere Unruhe und Aufregung vertreibt alle Müdigkeit, wir sind sofort hellwach. Wir furten durch den Gebirgsbach, denn das Auto steht am anderen Ufer. Spätestens als das kalte Wasser auch die Oberschenkel umspült, ist die letzte Müdigkeit vertrieben. Am Parkplatz essen wir ein schnelles Müsli-Frühstück, verstauen alle nicht gebrauchten Sachen im Auto, schnallen uns die schon fertig gepackten Rucksäcke auf, schnüren die Wanderschuhe, setzen die Stirnlampen auf und los gehts.
Kurz nach 4:00 Uhr morgens stiefeln wir los Richtung Höllentalklamm. Und: wir sind nicht die einzigen Verrückten die sich zu so nächtlicher Stunde auf den Weg machen.

Nach ca. 1,5 Stunden erreichen wir die Höllentalklamm. Es hat einen Vorteil und einen Nachteil, dass wir zu dieser frühen Stunde im dunkeln hier sind. Der Vorteil: wir müssen keinen Eintritt zahlen. Der Nachteil: wir sehen nichts von der sicher sehr beeindruckenden Klamm.

Die Höllentalklamm, sicher spannend bei Tag.


Die Tunnel sind alle beleuchtet.

Bei beginnender Dämmerung erreichen wir die Höllentalanger, eine nette kleine Hütte oberhalb der Höllentalklamm. Hier machen sich nun auch schon mehrere andere Langschläfer auf den Weg zur Zugspitze. Uns stecken schon 2,5 Stunden in den Beinen.

Der Mond geht unter, die Sonne geht auf. Man erkennt die Station auf der Zugspitze in der Mitte.

Wir machen hier kurz Rast und bewundern den freien Blick auf die Zugspitze und das Farbenspiel der aufgehenden Sonne.

Rast an der Höllentalanger Hütte

Schon kurz nach der Hütte erreichen wir die ersten Kletterstellen. Mein Mann freut sich, da nun endlich das schwere Klettersteigset aus seinem Rucksack zum Einsatz kommt. Wir ziehen alles an und steigen die ca. 12m hohe Leiter senkrecht nach oben. Alles kein Problem, allerhand Tritte (manche wackeln nur ein bisschen) und man ist ja gesichert.

Die Leiter! 12m gerade nach oben.
Kurz danach kommen wir an das sogenannte Brett. Es handelt sich um eine schräge Wand, wo keine für einen Klettersteig ausreichenden natürlichen Tritte vorhanden sind. Doch auch das stellt nicht wirklich ein Problem dar und sieht auf den Bildern erschreckender aus als es eigentlich ist.
Man geht einfach von Tritt zu Tritt und hält sich am Drahtseil, in dem man ja auch gesichert ist, fest.
Das war es erstmal mit Action.

Das Brett.



Denn nun geht es gefühlt unendlich lange über Geröll bergauf bis man endlich den Fuß des Gletschers erreicht. Vor vielleicht 20 Jahren hätte man die Steigeisen schon viel eher anziehen können. Es ist erschreckend zu sehen, wie weit sich der Gletscher schon zurückgezogen hat.
Am Fuß des Gletschers ist allgemeines Steigeisen-anziehen angesagt und wir tun dem gleich. Es geht dann im Gänsemarsch immer in der ausgetretenen Spur über den Gletscher. Ein paar doch recht große und vor allem tiefe Spalten gilt es zu überwinden. Ich denke nicht, ich gehe einfach weiter. Zwischendurch ist der Gletscher doch ziemlich aper, so dass wir froh sind, die Steigeisen angezogen zu haben.

Blick auf den Höllentalferner.



Am Ende der Menschenkette gehts dann in den Klettersteig.

Dann erreichen wir die berühmt-berüchtigte Schlüsselstelle....die Randkluft. Sozusagen die Stelle am Rand des Gletschers, wo man in den Klettersteig einsteigt.
Ja nach Abtauung des Gletschers kann diese Randkluft schon recht groß und schwer zu überwinden sein. Also erstmal Steigeisen aus, alles verstauen, Wanderstöcke wegpacken...denn die sind ab jetzt nur noch hinderlich. Jetzt heißt es ran an den Berg.
Ein Blick in die doch recht tiefe Randkluft lässt meine Knie zittern und entlockt mir ein ängstliches "wie soll ich denn da rüber kommen?". Denn es ist inzwischen alles glatt und rutschig und am Berg nicht wirklich etwas zum festhalten oder rauftreten. Die Griffe und das Drahtseil beginnen erst etwas weiter oben.
Doch ich hab ja nicht umsonst meinen Mann mitgenommen. Erstmal trägt er den Großteil der Ausrüstung, während in meinem Rucksack nur der 3 Liter-Wassersack, Schlafklamotten, Regensachen und Waschzeug zu finden sind. Und zweitens ist er einfach eine unheimlich hilfreiche Hand wenns brenzlig wird und ich nicht weiter weiß. Ein paar ernste Worte, ein "na klar schaffst du das", ein beherzter Schritt, eine klammernde Hand und schon klebe ich am Berg.

Im Klettersteig.

Alles gut versichert.

Noch lange kein Gipfelkreuz in Sicht.

Nun geht es bis zum Gipfel immer im Klettersteig weiter. Mal recht anspruchsvolle Kletterei, mal ein kurzes Stück wo man auch mal ohne Sicherung gehen kann und auch ab und an genügend Platz für eine Pause. Die hab ich nun doch schon häufiger bitter nötig. Ich schnaufe und schwitze, mein Magen knurrt, ich bin schon echt kO. Inzwischen ist es nach 12:00 Uhr.

Blick zurück in das Höllental.

Nach etlichen Pausen und gefühlten 1000mal Sicherungsseil umhängen sehen wir das Gipfelkreuz in greifbarer Nähe....und Menschen...viele Menschen, einige in Klettersteigsets wie wir, einige mehr in Turnschuhen und mit Kameras bewaffnet, die Seilbahnfahrer. Aber es sei ihnen ja gegönnt auf diese Art und Weise auf so einen hohen Berg kommen zu können. Nur für uns käme das nicht in Frage. Das Glücksgefühl am Gipfel ist einfach ein ganz anderes.

"Nur für Geübte" ... na wenn wir das mal eher gewusst hätten ;-)!
Im Hintergrund ist das Gipfelkreuz nun gut sichtbar.

Die greifbare Nähe des Gipfels weckt versteckte Kräfte in mir und wir steigen fast mühelos die letzten Meter hinauf. Da steht es, das goldene Gipfelkreuz. Für einen kurzen Moment haben wir das Kreuz fast für uns allein und können ein Gipfelfoto ohne störende Mitmenschen machen.

Gedränge am Kreuz.

Unser Gipfelfoto: am höchsten Punkt Deutschlands!

Viele Menschen auf dem Besucherplateau.
Auf dem Besucherplateau gegenüber des Gipfelkreuzes ist ebenfalls allerhand los. Wir mischen uns unters Volk, denn lange hält man es auf dem überfülltem Gipfel nicht aus. Außerdem lechzt mein Körper nach einem Sitzmöbel und einem kühlen Getränk.

Da sind wir also, auf der Zugspitze, dem höchsten Berg Deutschlands. Alles dann doch wenig unspektakulär. Wir sitzen da so rum, das Wetter wechselt zwischen bewölkt-kühl und sonnig-heiß. Übernachten werden wir im Münchner Haus. Ab 15:00 Uhr darf man sich ein Matratzenlager reservieren, schon 10 Minuten vorher bildet sich eine Schlange an der "Schlafplatzvergabe".
Der eigentliche Plan für den nächsten Tag lautet Jubiläumsgrat, dafür ist das Wetter von großer Wichtigkeit. Frühere Hüttenerfahrungen haben uns gelehrt, wenn einer sich mit dem Wetter auskennt, dann der Hüttenwirt. Also fragen wir ihn...doch die Antwort bleibt er uns schuldig, mehr als ein "gibt kein Wetter" und "müssts ihr selbst entscheiden" bekommen wir nicht zu hören.
Somit bleibt nur abwarten.
Wir sind ziemlich erschöpft und direkt nach dem Bergsteigeressen (Nudeln mit einer sehr sehr scharfen Sauce) und der Besprechung des nächsten Tages ziehen wir uns in unser Lager zurück.
Uns dröhnen ordentlich die Schädel, die 2200hm mehr zur letzten Nacht machen sich nun doch bemerkbar.

Samstag 5:45 Uhr:
Der Wecker klingelt, denn ab 6:15 Uhr gibt es Frühstück und auf den Jubiläumsgrat muss man zeitig los, erst recht, wenn ab Mittag Gewitter angesagt ist (was wir noch herausbekommen haben...ein Hoch auf die Smartphones).
Als wir raus gehen um die Wetterlage zu checken, weht uns ein eisiger böiger Wind um die Nase und es ist komplett zugezogen. Somit hat sich der Jubiläumsgrat für uns (für mich sowieso) erledigt. Wir genießen in aller Ruhe unser Frühstück und beschließen den Abstieg zum Eibsee über die Wiener-Neustädter Hütte.

Nebel und starker Wind.

Klettersteig zur Wiener-Neustädter Hütte

Blick von der Wiener-Neustädter Hütte Richtung Klettersteig zur Zugspitze.
Der Weg besteht bis zur Wiener-Neustädter Hütte zum Großteil aus einem Klettersteig. Es ist ein Geröllweg und das bergab laufen belastet mich und meine Knie und Oberschenkel mehr als das bergauf laufen. Ständig muss man aufpassen, dass man mit dem Geröll nicht ins rutschen kommt. Da sind die Kletterstellen zwischendurch richtig angenehm. Wir gehen unversichert...braucht man hier auch nicht. Wer den Höllentalsteig hinauf ist, braucht hier keine Sicherung ;-) ! Na quatsch, generell natürlich schon...aber irgendwie vergessen wir das beim runterkraxeln.
Nach 2 Stunden erreichen wir die Hütte und gönnen uns bei schönstem Sonnenschein (nun doch) eine ausführliche Pause.

Die Hütte mit dem Klettersteig im Hintergrund.
Der Eibsee.
Der Rest des Weges ist anstrengend, landschaftlich schön, scheinbar unendlich und wenig spektakulär.




Irgendwann erreichen wir die Talstation der Seilbahn und da wir ja noch munter und fit (haha) sind, laufen wir auch noch die letzten 4km zum Ausgangsort Hammersbach. Langsam ziehen dichte Wolken auf und es fängt auch an zu tröpfeln. Aber der richtige Regenguss verschont uns bis wir im Auto sitzen.
Dieses erreichen wir total erledigt, hungrig, mit schmerzenden Beinen aber absolut glücklich und froh, auch wieder gesund und ohne Zwischenfälle vom Berg herunter gekommen zu sein.

Tschüüüß...bis zum nächsten Abenteuer!
Die Schlechtwetterfront zwingt uns zur Flucht und wir verlassen Grainau und Garmisch-Partenkirchen um in München in einem Hotel einfach nur noch auszuruhen und zu schlafen.
Schöne Tour...wir kommen wieder um den Jubiläumsgrat zu gehen.